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Schmerztherapie

In der Schmerztherapie wird zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterschieden. Akute Schmerzen werden durch eine Gewebsschädigung oder Verletzung ausgelöst. Sie haben eine Schutzfunktion und sind meist klar lokalisierbar. Von chronischen oder chronisch wiederkehrenden Schmerzen spricht man bei einer Dauer der Symptome von mehr als drei bis sechs Monaten einschließlich beschwerdefreier Intervalle (z. B. bei Migräne). Mit der Zeit kann sich ein eigenständiges komplexes Krankheitsbild entwickeln. Bei Wochen bis Monate bestehenden Beschwerden nimmt der Schmerz an Intensität mit der Zeit oft zu, ist nicht mehr eindeutig lokalisierbar und kann mit physischer und psychischer Beeinträchtigung, sozialer Isolation und Passivität einhergehen.
Bei einer akuten Symptomatik sollte versucht werden, die zugrunde liegende Ursache zu therapieren bzw. zu beseitigen. Bei chronischen Schmerzen muss sich das Vorgehen an den Symptomen orientieren und erfordert oft eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Neben einer Einteilung nach der Dauer kann man die Schmerzen auch nach ihrer Pathogenese einteilen:

  • Nozizeptorschmerz: Akute Schmerzen, bei denen Schmerzrezeptoren durch freigesetzte Entzündungsmediatoren stimuliert werden, z. B. nach Verletzungen.
    Beispiele: postoperativer Schmerz, Wundschmerz, Koliken, Entzündungsschmerz.
    Therapie: Nichtsteroidale Antiphlogistika/Antirheumatika (NSAID), Opioide, Lokalanästhetika.
  • Neuropathischer Schmerz: Schmerzen nach direkter Schädigung der afferenten oder zentralen Neurone durch mechanische oder metabolische Noxen.
    Beispiele: Nervenkompression, diabetische Neuropathie, (Post-) Zosterneuralgie, Trigeminusneuralgie, Phantomschmerzen, Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS).
    Therapie: Sympathikusblockaden, schmerzmodulierende Antidepressiva, ggf. auch ausgewählte Antikonvulsiva. Opioide sind oft nur mäßig wirksam.
  • Schmerzen bei psychischen Erkrankungen: Chronische Schmerzen können auch im Rahmen von psychischen Erkrankungen auftreten, z.B. bei somatoformen oder depressiven Störungen. Verlauf und Symptomatik können sehr unterschiedlich sein.
    Therapie: Psychotherapeutische (Mit-) Behandlung

Oftmals liegt eine Kombination der genannten Mechanismen vor. Insbesondere bei chronischen Schmerzen sollten vor einer symptomatischen Schmerzbekämpfung kausal therapierbare Ursachen soweit wie möglich ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Ein übergreifendes Schema zur Schmerztherapie gibt es nicht.

Besonderheiten einer Therapie in der Schwangerschaft

Da auch unbehandelte Schmerzen ein Risiko für die Schwangerschaft darstellen können, ist eine adäquate Schmerztherapie auch bei schwangeren Patientinnen wichtig. Es sollten Medikamente bevorzugt werden, die im Hinblick auf Embryo- und Fetotoxizität gut untersucht sind.

Akute Schmerzen sollten nach Klärung der Ursache auch in der Schwangerschaft konsequent behandelt werden. Die medikamentöse Behandlung chronischen Schmerzerkrankungen sollte idealerweise vor einer Schwangerschaft kritisch überdacht und wegen Teratogenität einiger Medikamente (z. B. bestimmter Antikonvulsiva) gegebenenfalls umgestellt werden.

Nichtmedikamentöse Behandlung: Bei den typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie Schmerzen im Bereich des Rückens und Beckens sollte besonderer Wert auf nichtmedikamentöse Therapien gelegt werden, da dadurch oftmals Medikamente eingespart werden können. Eine gute Wirkung z.B. von Akupunktur, transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS), Physiotherapie, Yoga und Entspannungstherapien konnte in verschiedenen Studien nachgewiesen werden.

Für die medikamentöse Schmerztherapie in der Schwangerschaft gelten folgende Grundregeln:

  • Es sollten keine Mischpräparate oder mehrere Substanzen derselben Wirkstoffgruppe verwendet werden.
  • Einige Analgetika sind bei Anwendung während der Schwangerschaft mit spezifischen Risiken verbunden oder sollten in hierfür vulnerablen Phasen der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Detaillierte Informationen haben wir auf den entsprechenden Arzneimittelseiten zusammengestellt.
  • Vor einem Substanzwechsel empfiehlt sich zunächst die Dosissteigerung bis zur Höchstmenge sowie die ausreichend lange Verabreichung, die ggf. zum Erzielen der Wirkung notwendig ist.
  • Bei einer Dauertherapie kann auch in der Schwangerschaft eine Begleitmedikation zur Prophylaxe oder Therapie von Nebenwirkungen erfolgen, z.B. bei opioidbedingter Obstipation oder etwa Magenschutz bei NSAID. Auch hier muss darauf geachtet werden, dass für die Schwangerschaft geeignete Präparate ausgewählt werden. Entsprechende Hinweise finden sich auch hier auf unseren Internetseiten.
  • Bei chronischen Schmerzen sollte geprüft werden, ob eine psychotherapeutische (Mit-) Behandlung sinnvoll ist.
  • Klassische Antiepileptika und Wirkstoffe mit geringem Erfahrungsumfang sollten gemieden werden.

Mittel der Wahl

Bei leichten Schmerzen: Paracetamol kann während der gesamten Schwangerschaft angewendet werden. Aus der Gruppe der NSAID ist Ibuprofen das Mittel der ersten Wahl, darf aber nur im 1. und 2. Trimenon angewendet werden. Nichtsteroidale Antiphlogistika/Antirheumatika (NSAID) können zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli beim Fetus und zu einer Schädigung der fetalen und neonatalen Nierenfunktion führen. Die Empfindlichkeit des Fetus steigt mit zunehmendem Gestationsalter. Dieses Risiko ist nach der 28. Schwangerschaftswoche gut dokumentiert, aber auch ab Mitte des 2. Trimenons sind Fallberichte beschrieben, insbesondere bei langfristiger NSAID-Einnahme. Im letzten Trimenon (ab Schwangerschaftswoche 28) dürfen Ibuprofen und andere NSAID nicht angewendet werden.

Bei mittelstarken bis starken Schmerzen: Paracetamol in Kombination mit Codein; bei entsprechender Indikation Tramadol oder Buprenorphin, auch z. B. in Kombination mit NSAID wie Ibuprofen oder Diclofenac (bis maximal Schwangerschaftswoche 28, ab Schwangerschaftswoche 20 nur Einzeldosen NSAID). Bei stärksten Schmerzen können auch Morphin oder Buprenorphin während der Schwangerschaft verwendet werden. Eine analgetische Therapie mit Opioden/Opiaten bis zur Entbindung sollte einer strengen Indikationsstellung unterliegen, da sie zu Atemdepression und Entzugssymptomen beim Neugeborenen führen kann, die je nach Dosis und Präparat unterschiedlich ausgeprägt sein können.
Zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen sollten trizyklische Antidepressiva wie z.B. Amitriptylin oder selektive Serotonin- (und Noradrenalin-) Wiederaufnahmehemmer (SNRI) wie z. B. Duloxetin anstelle von Antikonvulsiva versucht werden.

Unter der Geburt kommen neben Lokalanästhetika (z. B. Bupivacain, Ropivacain) zur Schmerzbehandlung häufig auch Opioide wie z. B. FentanylPethidin, Remifentanil oder Sufentanil zum Einsatz. In diesen Fällen sind auch bei einer kurzzeitigen Anwendung Symptome wie Atemdepression oder andere Anpassungsstörungen beim Neugeborenen möglich.

Für bestimmte Schmerzsyndrome sind besondere Behandlungsschemata etabliert, z.B. für Migräne oder Trigeminusneuralgie.

Cannabis sollte auch in therapeutischer Anwendung während Schwangerschaft und Stillzeit gemieden werden.

Gerade bei chronischen Schmerzen ist es wegen der großen Bandbreite der Therapieoptionen nicht möglich, hier detailliert darauf einzugehen. Bitte nehmen Sie in entsprechenden Fällen für eine individuelle Beratung Kontakt mit uns auf.


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