Gefördert durch

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung

in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Anke Rohde und Prof. Dr. med. Sarah Kittel-Schneider

Bei einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung leiden die Betroffenen unter starken Stimmungsschwankungen und Schwierigkeiten der Impulskontrolle. Der Subtyp der Borderline-Persönlichkeitsstörung ist zusätzlich gekennzeichnet durch ein chronisches Gefühl der inneren Leere, selbstschädigendes Verhalten und Unsicherheiten bezüglich des Selbstbildes und der inneren Präferenzen. Die ohnehin bestehende emotionale Instabilität  wird nicht selten durch die hormonellen Veränderungen sowie Unsicherheiten und Ambivalenzen während einer Schwangerschaft noch verstärkt. Oft haben die betroffenen Patientinnen Probleme, langfristig vertrauensvolle Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, was die ärztliche und geburtshilfliche Betreuung während der Schwangerschaft deutlich erschweren kann. Finden sich in der Vorgeschichte Traumatisierungen, insbesondere Erfahrungen mit sexueller Gewalt, kann das die Problematik zusätzlich verstärken (siehe auch Posttraumatische Belastungsstörung). Häufig finden sich psychiatrische Komorbiditäten wie Essstörungen und Suchterkrankungen (Konsum von Nikotin, Alkohol oder illegalen Substanzen). Insbesondere die Substanzabhängigkeit trägt vermutlich zu einem erhöhten Risiko für verschiedene perinatale Komplikationen bei. Verschiedene Studien fanden bei Frauen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung zum Beispiel etwas erhöhte Risiken für einen niedrigen APGAR-Score beim Kind, Frühgeburtlichkeit, Schwangerschaftsdiabetes, vorzeitigen Blasensprung und Thrombosen. Als Gründe diskutieren die Autoren unter anderem den hohen Anteil von Patientinnen mit Suchterkrankungen (einschließlich Nikotinabusus) und anderen psychiatrischen Komorbiditäten, eine geringere Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen, vermehrtes Auftreten vom Angst und Anspannung während der Schwangerschaft sowie Polypharmazie. Insgesamt wird eine engmaschige und multidisziplinäre Betreuung der Schwangeren dringend empfohlen.

Besonderheiten einer Therapie in der Schwangerschaft

Zunächst sollte immer geprüft werden, ob ein psychotherapeutisches Verfahren für die Behandlung geeignet ist. Kein Arzneimittel ist für die Behandlung der emotional instabilen beziehungsweise Borderline-Persönlichkeitsstörung zugelassen, dennoch erhalten die betroffenen Patientinnen oft eine Vielzahl von Psychopharmaka. Ziel ist in der Regel die Behandlung einzelner Kernsymptome (z.B. Anspannung) oder komorbider psychiatrischer Erkrankungen (z.B. depressive Episode). Keinesfalls darf während der Schwangerschaft das stimmungsstabilisierende Valproat eingesetzt werden. Wenn möglich soll Valproat im gesamten reproduktionsfähigen Alter gemieden werden. Topiramat, welches teils gegen Alpträume bei komorbider PTBS eingesetzt wird, ist in dieser Indikation ebenfalls sehr kritisch zu beurteilen. Bei Kombinationsbehandlungen sollte der Nutzen jedes Arzneimittels für die Patientin kritisch geprüft werden. Dies erfordert eine individuelle Abwägung in jedem Einzelfall. Manchmal ist es möglich, Arzneimittel mit einem ungünstigen Sicherheitsprofil für die Schwangerschaft auszuschleichen oder gegen besser erprobte Alternativen auszutauschen. Dies erfolgt immer in Abhängigkeit von der psychosozialen Gesamtkonstellation, die jeweils einen großen Einfluss auf die psychische Verfassung der Patientinnen hat.

Für betroffene Patientinnen ist es besonders wichtig, frühzeitig nach einer Frauenärztin/einem Frauenarzt sowie einer Hebamme zu suchen, zu denen eine vertrauensvolle Beziehung möglich erscheint. Bei komplexeren Fragen sollten geburtshilflich und psychiatrisch Behandelnde sich miteinander abstimmen, wenn die Patientin mit diesem Austausch einverstanden ist. Falls die Patientin zum Beispiel mit Gewalt oder sexuellem Missbrauch Erfahrungen gemacht hat, sollten die gynäkologisch-geburtshilflich Behandelnden über diese Tatsache informiert sein, ohne dass dabei Details zur Sprache kommen müssen. Gegebenenfalls müssen Vorsorgeuntersuchungen oder andere diagnostische Prozeduren sowie die Entbindungssituation besonders sensibel und sorgfältig geplant werden.

In jedem Fall sollte die Schwangerschaft sorgfältig gynäkologisch überwacht und engmaschig psychiatrisch begleitet werden, um Krisen der Mutter und fetalen Entwicklungskomplikationen (Frühgeburtsbestrebungen, Wachstumsretardierung) rechtzeitig begegnen zu können. Auch kann der Schwangeren eine weiterführende Ultraschalldiagnostik zur Bestätigung einer unauffälligen fetalen Entwicklung angeboten werden.

Mittel der Wahl

Der Einsatz der meisten gängigen Antidepressiva und einiger atypischer Antipsychotika wie zum Beispiel Quetiapin ist auch während der Schwangerschaft akzeptabel, ebenso der Einsatz von Promethazin. Prinzipiell sollte der Nutzen der eingesetzten Arzneimittel bei jeder Patientin individuell geprüft werden. Bei einer individuell gut wirksamen Substanz sollte zunächst geprüft werden, ob sie während der Schwangerschaft weiter eingenommen werden kann. Informationen zum Sicherheitsprofil beim Einsatz in der Schwangerschaft oder Stillzeit finden sich auf den jeweiligen Arzneimittelinformationsseiten.


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