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Tramadol

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Medikament, zu dem es widersprüchliche oder noch unzureichende Studienergebnisse gibt.

Tramadol ist ein synthetisches Opioid, das oral, rektal, intramuskulär, subcutan und intravenös angewendet werden kann. Es wird zum stärker wirksamen Metaboliten O-Desmethyltramadol metabolisiert. Die Wirkstärke entspricht etwa der von Codein, also einem Zehntel der Wirkstärke des Morphins. Zur analgetischen Wirkung trägt die Hemmung der neuronalen Wiederaufnahme von Noradrenalin sowie die Verstärkung der Serotonin-Freisetzung bei. Die Auswirkungen auf die gastrointestinale Motilität und das Herz-Kreislauf-System sind geringer als bei anderen Opioiden.

  • Indikation (Anwendungsgebiet)

    Mäßig starke bis starke Schmerzen; als Narkoanalgetikum in der Anästhesie.

  • Produktnamen

    Tramal® und Generika

Erfahrungen in der Schwangerschaft

Erfahrungsumfang: MITTEL

1. Trimenon

Eine prospektive Kohortenstudie aus Frankreich mit 146 exponierten Schwangerschaften sowie eine Fallserie aus den Niederlanden mit 43 Patientinnen fanden kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko. Eine Studie aus dem schwedischen Geburtsregister erbrachte ein leicht erhöhtes Risiko für Herzfehler (vor allem Septumdefekte) und Klumpfußfehlstellungen. Hier ist zu diskutieren, ob es sich dabei in jedem Fall um eine Fehlbildung handelt oder andere Ursachen wie intrauterine Lageanomalien oder ein Oligohydramnion die Fußfehlstellung herbeigeführt haben. Insgesamt ist das individuelle Risiko auch für Herzfehler gering und von den Autoren selbst wird eine Überprüfung durch weitere Studien angeregt. Auch aufgrund der langen Markterfahrung, in der keine Berichte über spezifische Fehlbildungen veröffentlicht wurden, wird das individuelle Risiko für Herzfehler als gering eingeschätzt. Ferner werden aus den guten Erfahrungen mit anderen Opioiden in der Schwangerschaft Schlussfolgerungen für die Verträglichkeit von Tramadol gezogen. Vorliegende tierexperimentelle Daten sprechen ebenso gegen eine Embryotoxizität.

2.-3. Trimenon / Perinatal

Auch wenn Tramadol in äquianalgetischen Dosierungen eine weniger starke atemdepressorische Wirkung aufweist als Morphin, sind Entzugssymptome beim Neugeborenen beschrieben. Insbesondere hohe Dosen am Ende der Schwangerschaft können beim Kind zu Atemdepression und behandlungsbedürftigen Entzugserscheinungen führen. Diese können verzögert auftreten und eine Tage bis Wochen andauernde Behandlung erfordern.

Es wird diskutiert, ob bei pränatal Opiat exponierten Kindern ein höheres Risiko für plötzlichen Kindstod (SIDS) besteht. Ein Zusammenhang zwischen Opiat-Abusus in der Schwangerschaft und Verhaltensauffälligkeiten beim Kind wird diskutiert.
Ein akuter Opiat-Entzug während der Schwangerschaft kann zu intrauterinem Fruchttod oder vorzeitigen Wehen führen und sollte daher vermieden werden.
In einer neueren randomisierten Studie wurde die intramuskuläre Gabe von Tramadol mit der intravenösen Gabe von Paracetamol zur Behandlung des Geburtsschmerzes verglichen und kein Unterschied in Bezug auf die Schmerzintensität gefunden. Allerdings hatten die Frauen in der Tramadolgruppe häufiger Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Sedierung, die Eröffnungsphase dauerte länger und es kam öfter zu fetalen Bradycardien. Bei den Neugeborenen fanden sich dagegen keine Unterschiede bei unerwünschten Nebenwirkungen.

Empfehlungen zur Schwangerschaft

Planung einer Therapie oder Planung einer Schwangerschaft unter Therapie

Tramadol kann bei entsprechender Indikation in der gesamten Schwangerschaft verwendet werden. Eine Dauertherapie sollte aber einer strengen Indikationsstellung unterliegen.

Konsequenzen nach Anwendung in der Schwangerschaft

Bei Anwendung bis zur Geburt oder Substanz-Abusus sollte eine Entbindung in einem perinatologischen Zentrum erfolgen, um eine optimale neonatale Versorgung zu gewährleisten. Ein akuter Opiat-Entzug ist in der Schwangerschaft unbedingt zu vermeiden.

Besser geeignete Alternativen

Als Schmerzmittel sollten Paracetamol (ggf. mit Codein) oder Ibuprofen (cave vorzeitiger Ductus-arteriosus-Verschluss ab 28. Schwangerschaftswoche) bevorzugt werden.

Stillzeit

Es liegen Informationen zu ca. 75 Mutter-Kind-Paaren vor.

Pharmakokinetik

HWZ: 6 h, Metabolite: 6 – 9 h; Proteinbindung: 20%; molare Masse 299 g/mol; relative Dosis: 0,1 – 2,24%; relative Dosis des aktiven Metaboliten O-Desmethyltramadol 0,64%. M/P-Quotient: 0,1; orale Bioverfügbarkeit: 60 – 75%.

Klinik

In einer Studie wurden 75 Mutter-Kind-Paare (6-stdl. 100 mg Tramadol vom 2. - 4. Tag nach Kaiserschnitt) mit 75 passenden Kontrollpaaren (Einnahme anderer Opioide) verglichen und keine Unterschiede im Verhalten der Kinder beobachtet. Ein Fallbericht beschreibt die zweimalige Intoxikation eines acht Monate alten Kindes mit Tramadol, das schließlich verstarb. Die Mutter gab eine Tramadol-Abhängigkeit an und wurde nach der ersten Intoxikation gewarnt, ihr Kind nicht weiter zu stillen. In der Fallbeschreibung fehlen allerdings relevante Details, wie z.B. die von der Mutter eingenommenen Dosis. Die Autoren diskutieren auch, ob die Mutter ihrem Kind Tramadol direkt verabreicht haben könnte.

Empfehlung

Wie alle Opioidanalgetika sollte auch Tramadol in der Stillzeit nur kurzzeitig und bei guter Beobachtung des Säuglings angewendet werden. Einzeldosen erfordern keine Einschränkung des Stillens. Wegen des atemdepressiven Potentials ist bei Stillkindern mit Apnoeneigung besondere Vorsicht geboten, ebenso bei Neu- und Frühgeborenen. Schmerzmittel der ersten Wahl in der Stillzeit sind Ibuprofen und Paracetamol. Ist die akute Anwendung eines Opioids unumgänglich, wäre auch Buprenorphin kurzzeitig eine akzeptable Alternative.


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