Nortriptylin gehört zur Substanzgruppe der seit über 60 Jahren gebräuchlichen trizyklischen Antidepressiva. Es ist ein aktiver Metabolit des Amitriptylins und hemmt die Wiederaufnahme von Noradrenalin und (weniger stark) von Serotonin aus dem synaptischen Spalt. Nortriptylin passiert die Plazenta.
Erfahrungsumfang: HOCH für Nortriptylin, SEHR HOCH für trizyklische Antidepressiva insgesamt.
Bisher wurden etwa 70 Schwangerschaftsverläufe dokumentiert, bei denen Nortriptylin eingenommen wurde. Es zeigten sich keine Hinweise auf Teratogenität. Da Nortriptylin der aktive Hauptmetabolit des gut untersuchten Amitriptylins ist, kann man davon ausgehen, dass die Erfahrungen zu Amitriptylin auch für Nortriptylin relevant sind. Zusätzlich hat eine Vielzahl von Studien die schon lange eingeführte Substanzgruppe der trizyklischen Antidepressiva insgesamt untersucht: Auf der Basis von mehr als 6.000 bzw. mehr als 12.000 ausgewerteten Schwangerschaftsverläufen ergaben sich keine Hinweise auf erhöhte Risiken für Fehlbildungen insgesamt bzw. Herzfehlbildungen. Allerdings ist nicht dokumentiert, wie viele dieser Schwangeren Nortriptylin oder Amitriptylin als trizyklisches Antidepressivum eingenommen hatten.
Pharmakokinetische Messungen im Rahmen von Fallserien weisen auf einen Abfall der maternalen Nortriptylin-Serumkonzentration im 2. und 3. Trimenon hin. Bei Einnahme von Antidepressiva bis zur Entbindung ist das Risiko für Anpassungsstörungen bei den Neugeborenen erhöht. Anpassungsstörungen können innerhalb der ersten Stunden oder Tage nach der Entbindung auftreten und mit respiratorischen, neurologischen, gastrointestinalen und kardiovaskulären Symptomen einhergehen, die vorübergehend einer ärztlichen Beobachtung oder Behandlung bedürfen. Zu den Symptomen zählen Tachypnoe, Trinkstörungen, Tremor, Unruhe, Hypoglykämie, muskuläre Hypotonie und Störungen der Temperaturregulation. Nach intrauteriner Exposition mit trizyklischen Antidepressiva wurden in Fallberichten außerdem spezifische anticholinerge Wirkungen beim Fetus bzw. Neugeborenen dokumentiert, z.B. Miktionsstörungen und Tachyarrhythmien. Nach antidepressiver Monotherapie treten etwa bei einem Drittel der Neugeborenen vorübergehend ein oder mehrere Symptome einer Anpassungsstörung auf.
Nortriptylin kann bei entsprechender Indikation in der Schwangerschaft und bei Kinderwunsch angewendet werden.
Die Schwangerschaft sollte sorgfältig gynäkologisch überwacht und engmaschig psychiatrisch begleitet werden, um Krisen bei der Mutter und Entwicklungskomplikationen beim Feten (Frühgeburtsbestrebungen, Wachstumsretardierung) rechtzeitig begegnen zu können. Dazu kann auch eine weiterführende Ultraschalluntersuchung zur Bestätigung der normalen Entwicklung des Feten gehören. In den ersten Lebenstagen ist beim Neugeborenen auf etwaige Anpassungsstörungen zu achten. Die Entbindung sollte daher in einer Klinik mit Neonatologie erfolgen.
Als trizyklisches Antidepressivum Amitriptylin, je nach Grunderkrankung auch Sertralin oder Citalopram bzw. Escitalopram.
Es liegen publizierte Erfahrungen zu mehr als 30 Mutter-Kind-Paaren vor, pharmakokinetische Untersuchungen wurden bei 22 Mutter-Kind-Paaren durchgeführt.
HWZ: 26 h; Proteinbindung: 92%; molare Masse: 263 g/mol; relative Dosis: 1 – 3%; M/P-Quotient: in Studien wurden (auch intraindividuell) sehr variable Werte von unter 1 bis maximal 3,7 gemessen; orale Bioverfügbarkeit: 46 – 59%.
Nortriptylin und seine Metaboliten lagen im kindlichen Plasma in den meisten Fällen unter der Nachweisgrenze oder wurden nur in geringen Mengen nachgewiesen. Lediglich in einem Fall erreichte die kindliche Plasmakonzentration knapp 24% des niedrigen mütterlichen Wertes.
Es wurden bisher keine Symptome bei gestillten Kindern beschrieben.
Stillen ist bei Monotherapie und guter Beobachtung des Kindes akzeptabel.
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