Carbimazol ist ein Thyreostatikum, das schnell und vollständig resorbiert und unmittelbar danach in seine aktive Wirkform Thiamazol umgewandelt wird. Carbimazol hemmt dosisabhängig den lodeinbau in Tyrosin und damit die Neusynthese von Schilddrüsenhormonen. Nicht beeinflusst wird die Freisetzung der bereits synthetisierten Schilddrüsenhormone. Thiamazol geht gut diaplazentar zum Feten über.
Hyperthyreose verschiedener Ätiologie.
Erfahrungsumfang: SEHR HOCH
Zu Thiamazol/Carbimazol wurden eine Vielzahl von Studien publiziert mit insgesamt mehr als 5000 exponierten Schwangerschaften. Auch wenn nicht alle Studien – vermutlich aufgrund der geringen Fallzahl – ein erhöhtes Gesamtfehlbildungsrisiko ermittelten, bestätigen die Ergebnisse Thiamazol/Carbimazol als schwaches Teratogen mit einem charakteristischen Fehlbildungsmuster. Dieses besteht aus Aplasia cutis – meist im Bereich des Kopfes, Choanalatresie, Ösophagusatresie, tracheo-ösophagealen Fisteln, hypoplastischen Brustwarzen, und fazialen Dysmorphien. Die größte Studie, eine nationale koreanische Verschreibungsstudie, die 1120 Thiamazol oder Carbimazol behandelte Schwangere einschloss, ermittelte ein dosisabhängig erhöhtes Fehlbildungsrisiko.
Einige Studien untersuchten bei insgesamt mehr als 2000 Schwangerschaften, ob eine Umstellung von Thiamazol/Carbimazol auf PTU in der Frühschwangerschaft zu einer geringeren Fehlbildungsrate führt als eine durchgängige Thiamazol/Carbimazol-Therapie. Die beiden größten Studien ermittelten ein vergleichbar erhöhtes Fehlbildungsrisiko wie bei durchgehender Thiamazol/Carbimazol-Therapie.
Aufgrund des guten diaplazentaren Übergangs kann es zu einer fetalen/neonatalen Hypothyreose und Struma kommen, die in schwerer Ausprägung aber kaum noch auftritt. Eine ältere Fallserie untersuchte 12 intrauterin Thiamazol/Carbimazol exponierte Kinder bis ins Schulalter und fand keine Unterschiede in der Entwicklung im Vergleich zu 25 nicht exponierten Kindern.
Vor einer Schwangerschaft sollte die Therapie eines Morbus Basedow oder einer Hyperthyreose anderer Genese möglichst abgeschlossen sein. Wenn jedoch eine Schwangerschaft unter einer thyreostatischen Therapie geplant ist, sollte die Patientin euthyreot sein. Propylthiouracil (PTU) ist den anderen Thyreostatika vorzuziehen. Eine Umstellung auf PTU sollte vor Konzeption erfolgen, wobei der ideale Zeitpunkt Gegenstand der Diskussion ist. Andererseits ist zu beachten, dass bei PTU behandelten Patientinnen die sehr selten auftretende schwere Lebertoxizität häufiger auftritt als nach Carbimazol/Thiamazol.
Nach Exposition im 1. Trimenon wird eine weiterführende Ultraschalluntersuchung zur Kontrolle der fetalen Entwicklung empfohlen. Bei Schwangeren, die in Remission sind und zuletzt nur geringe Dosierungen eines Thyreostatikums benötigten, kann in Absprache mit dem Endokrinologen, ein Absetzen erwogen werden, wenn engmaschige Kontrollen der Schilddrüsenfunktion gewährleistet sind.
Ob eine ungeplant unter Thiamazol/Carbimazol schwanger gewordene Patientin im 1. Trimenon auf PTU umgestellt werden sollte, wird zurzeit noch kontrovers diskutiert. Die Ergebnisse zweier großen Studien konnten keinen Benefit auf die Fehlbildungsrate feststellen.
Die Thyreostatikadosis in der Schwangerschaft sollte so niedrig wie möglich sein. Maßstab sind die Obergrenzen der schwangerschaftsspezifischen Schilddrüsenfunktionstests für FT4 (oder TT4). Gleichzeitige Gaben von Schilddrüsenhormon sollten vermieden werden.
Sowohl die amerikanische als auch die europäische Fachgesellschaft diskutieren, eine Schwangere mit PTU-Therapie nach der 16. Woche wegen der mütterlichen Hepatotoxizität auf Thiamazol/Carbimazol umzustellen, denn vereinzelt sind auch Schwangerschaften unter PTU-Therapie beschrieben, in denen es zur Lebertoxizität bei der Schwangeren kam.
Beim Neugeborenen sollten die Schilddrüsenparameter circa 14 Tage nach der Geburt erneut kontrolliert werden – zusätzlich zum Schilddrüsenscreening, das in Deutschland bei der 2. Vorsorgeuntersuchung (U2) durchgeführt wird.
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Eventuell Propylthiouracil (1. Trimenon!), wobei die höhere Lebertoxizität zu bedenken ist.
HWZ: Metabolite: 3 – 4 h; Proteinbindung: keine; molare Masse: 186 g/mol; relative Dosis: 2 – 10% (Durchschnitt); M/P-Quotient: 0,3 – 0,7; orale Bioverfügarkeit: 100%.
Bisher sind keine gestillten Kinder beschrieben, deren Schilddrüsenfunktion durch eine mütterliche Thiamazol/ Carbimazol-Therapie beeinflusst wurde. Die meisten Mütter nahmen 5 mg/d ein, die Erfahrungen erstrecken sich aber auch auf höhere Dosierungen von bis zu 20 mg/d.
Reifgeborene Kinder dürfen unter mütterlicher Thiamazol/Carbimazol-Therapie gestillt werden. Die 2017er Guideline der American Thyroid Association sieht Thiamazol-Dosierungen von bis zu 20 mg/d als mit dem Stillen kompatibel an.
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