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Depressive Krankheitsbilder

in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Anke Rohde und Prof. Dr. med. Sarah Kittel-Schneider

Depressive Symptome können in ganz verschiedenen Zusammenhängen auftreten:

  • Im normalen menschlichen Erleben (Traurigkeit, gedrückte Stimmung)
  • Im Rahmen einer depressiven Reaktion nach einem belastenden Lebensereignis
  • Als Symptome einer depressiven Episode (im Rahmen einer sogenannten affektiven Störung)
  • Als Begleitsymptome bei Angststörungen, Zwangsstörungen, Posttraumatischen Belastungsstörungen, Essstörungen, Sucht und emotional-instabiler Persönlichkeit
  • Als Begleitsymptome bei Psychosen
  • Als Begleitsymptome bei körperlichen und hirnorganischen Erkrankungen

Die Behandlung einer Depression richtet sich nach Art und Schwere der Symptomatik und danach, in welchem Zusammenhang die Depression auftritt – ob z.B. als eigenständige Erkrankung oder als Begleitsymptomatik einer anderen Störung. Zum Einsatz kommen Psychotherapie und/oder Antidepressiva, manchmal zusätzlich Antipsychotika oder Sedativa. Auch bei Schwangeren muss zunächst geprüft werden, um was für eine Art von Depression es sich handelt und ob die depressive Symptomatik beziehungsweise die zugrundeliegende Störung (wie etwa Angststörung, Zwangsstörung o.ä.) medikamentös behandelt werden muss. Bei einer Depression während der Schwangerschaft sollte zunächst geklärt werden, ob eine psychotherapeutische Behandlung möglich und ausreichend ist oder ob (eventuell zusätzlich) antidepressiv wirksame Medikamente zum Einsatz kommen sollten. Allerdings werden Antidepressiva gelegentlich auch etwas unkritisch auf Dauer verordnet, so dass sich dann bei Planung einer Schwangerschaft durchaus die Frage stellt, ob die Medikation fortgeführt werden sollte.

Besonderheiten einer Therapie in der Schwangerschaft

Wie andere gravierende Erkrankungen können auch schwere depressive Episoden den Schwangerschaftsverlauf gefährden. In einer Meta-Analyse zeigte sich ein etwas erhöhtes Risiko für Frühgeburtlichkeit und niedriges Geburtsgewicht bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft an einer unbehandelten Depression erkrankt waren. Zusätzlich scheint eine maternale Depression während der Schwangerschaft Auswirkungen auf physiologische Vorgänge beim Feten und Neugeboren sowie später unter Umständen auch Einfluss auf die weitere Entwicklung des Kindes zu haben. Auch können die depressiven Symptome nach der Entbindung weiterbestehen oder sich möglicherweise sogar als ausgeprägte postpartale Depression mit entsprechenden Auswirkungen auf die Mutter-Kind-Interaktion manifestieren. Insgesamt ist die suffiziente Behandlung einer depressiven Erkrankung deshalb auch im Interesse des werdenden Kindes.

Nicht selten setzen Frauen ihre Medikamente nach Feststellung einer Schwangerschaft abrupt ab. Dies geschieht meist aus Furcht vor einer Schädigung des Kindes. Da sich zumindest von den länger gebräuchlichen Antidepressiva keines als eindeutig teratogen beim Menschen erwiesen hat, kann jedoch eine bewährte und notwendige Therapie in der Regel auch in der Schwangerschaft fortgeführt werden. Zunehmend etabliert sich ein therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) beim Einsatz von Psychopharmaka während der Schwangerschaft, da die veränderte Stoffwechselsituation die Clearance der Arzneimittel verändern und eine Dosisanpassung notwendig machen kann. Bei allen psychiatrischen Erkrankungen sollte die Schwangerschaft sorgfältig gynäkologisch überwacht und engmaschig psychiatrisch begleitet werden, um Krisen oder Frühwarnsymptomen bei der Mutter und fetalen Entwicklungskomplikationen (Frühgeburtsbestrebungen, Wachstumsretardierung) rechtzeitig begegnen zu können. Auch kann der Schwangeren eine weiterführende Ultraschalldiagnostik zur Bestätigung einer unauffälligen fetalen Entwicklung angeboten werden.

Unter bestimmten Bedingungen kann erwogen werden, die Dosis des Antidepressivums vor der Geburt zu reduzieren, um Anpassungsstörungen des Neugeborenen entgegen zu wirken. Unmittelbar nach der Geburt muss dann wieder mit der ursprünglichen therapeutischen Dosis weiter behandelt werden. Voraussetzungen für eine vorübergehende Dosisreduktion sind unter anderem, dass die Patientin während der bisherigen Schwangerschaft durchgehend psychisch stabil war, dass keine Hinweise auf eine bipolare Erkrankung vorliegen und dass aus der Vorgeschichte keine psychischen Erkrankungen im Wochenbett bekannt sind.

Entbindung und Wochenbett. Postpartale Depressionen können sowohl als Fortsetzung einer Depression in der Schwangerschaft als auch völlig unabhängig davon auftreten. Bei einer depressiven Vorerkrankung ist die Wahrscheinlichkeit einer postpartalen Depression höher.

Stillzeit. Antidepressiva gehen in gewissem Umfang in die Muttermilch über und werden auf diese Weise vom Stillkind aufgenommen. Eine Anpassung der Stillzeiten an den Einnahmezeitpunkt des Antidepressivums (mit dem Ziel, die Exposition des Stillkindes zu minimieren) ist aufgrund der pharmakologischen Eigenschaften der Antidepressiva in der Regel nicht möglich beziehungsweise nicht sinnvoll.

Bei bereits bestehender antidepressiver Monotherapie ist es in den meisten Fällen möglich, die antidepressive Medikation unverändert fortzuführen und voll zu stillen. Bei einer medikamentösen Neueinstellung während der Stillzeit sollten Antidepressiva vorgezogen werden, die nur in geringem Umfang über die Muttermilch zum Kind gelangen (also mit geringer relativer kindlicher Dosis/RID) und die im kindlichen Organismus nicht akkumulieren. Dies trifft bei den Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) zum Beispiel für Sertralin und Citalopram/Escitalopram zu. Bei den sedierenden Antidepressiva ist dies zum Beispiel für Amitriptylin und Mirtazapin der Fall. Eine psychopharmakologische Kombinationsbehandlung ist kritischer zu beurteilen, schließt das Stillen aber nicht unbedingt aus. Gegebenenfalls kann auch ein Teilstillen mit Zufüttern von Pre-Nahrung erwogen werden, zumal Müttern mit depressiven Erkrankungen das Stillen oft sehr wichtig ist. Immer wenn während einer Psychopharmakotherapie gestillt wird, sollten Kinderarzt und betreuende Hebamme informiert sein, um gemeinsam mit den Eltern eine gute Beobachtung des Kindes zu gewährleisten. Wenn beim gestillten Kind Symptome neu auftreten, die nicht anderweitig erklärbar sind (z.B. Sedierung, gastrointestinale Störungen, Trinkschwäche oder Unruhe), kann beim Kind der Serumspiegel des mütterlichen Medikamentes gemessen werden. Dieser kann Aufschluss darüber geben, ob und in welchem Ausmaß vom Stillkind pharmakologisch wirksame Mengen der mütterlichen Medikation aufgenommen wurden.

Mittel der Wahl

Bei einer medikamentösen Neueinstellung sollte zunächst der Einsatz von Sertralin und Citalopram erwogen werden. Als sedierende Antidepressiva kommen auch Amitriptylin und Mirtazapin in Frage. Letzteres kann auch bei komorbider Hyperemesis gravidarum (ausgeprägtem Schwangerschaftserbrechen) sinnvoll sein.

Eventuelle Vorerfahrungen bezüglich Wirksamkeit und unerwünschten Wirkungen sollten bei der Auswahl des Antidepressivums auch während der Schwangerschaft berücksichtigt werden. Bei einer bereits bestehenden antidepressiven Medikation sollte zunächst geprüft werden, ob sie während der Schwangerschaft weiter eingenommen werden kann.


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