Unter Glaukom versteht man einen charakteristischen Schaden des Sehnervs, der mit entsprechenden Gesichtsfeldausfällen einhergeht. Meistens ist es mit einem erhöhten Augeninnendruck assoziiert. Da die Gesichtsfeldausfälle erst sehr spät das Zentrum betreffen und ein erhöhter Augendruck in der Regel keine Symptome macht, wird das Glaukom von den Patient*innen in den allermeisten Fällen nicht spontan oder erst sehr spät bemerkt.
Die mit Abstand häufigste Form ist das chronische Weitwinkelglaukom, das vor allem jenseits des 50. Lebensjahres auftritt. Der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung eines Glaukomschadens ist neben dem Lebensalter ein erhöhter Augeninnendruck (>22 mm Hg), wobei es keinen absoluten Schwellenwert gibt, unter dem sich kein Glaukomschaden entwickeln kann. Werden bei vorliegendem Glaukomschaden niemals erhöhte Augendrucke gemessen, spricht man von einem Normaldruckglaukom. Lassen sich trotz wiederholt erhöhter Augendrucke keine Glaukomschäden nachweisen, spricht man von okulärer Hypertension.
Ein manifester Glaukomschaden ist im gebährfähigen Alter bzw. bei Schwangeren und Stillenden sehr selten. Bei den meisten Patient*innen, bei denen sich die Frage einer medikamentösen Augendrucksenkung während der Schwangerschaft oder Stillzeit stellt, handelt es sich um Menschen, bei denen im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung ein erhöhter Augendruck gemessen wurde. Wenn weder ein extrem erhöhter Augendruck noch ein eindeutiger Glaukomschaden vorliegt, ist eine Therapie während der Schwangerschaft oder Stillzeit in der Regel nicht notwendig. Deshalb sollte vor Einleitung oder Fortsetzung einer medikamentösen Augendrucksenkung möglichst Rücksprache mit dem behandelnden Augenarzt gehalten werden, um die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung zu klären. Wenn eine medikamentöse Augendrucksenkung aus augenärztlicher Sicht nicht unterbrochen werden darf, sollte sie jedoch auch in der Schwangerschaft fortgesetzt werden.
Auch wenn die Substanzmenge lokal am Auge verabreichter Glaukompräparate im Vergleich zu systemisch verabreichten Medikamenten gering ist, kann es unter anderem aufgrund der Umgehung des hepatischen First-Pass-Effektes zu systemischen unerwünschten Wirkungen bei der Patientin kommen. Dies ist vor allem bei Betablockern und adrenergen Substanzen möglich. Wirkungen auf den Fetus sind nicht in jedem Fall völlig auszuschließen. Es liegen nur wenige systematische Untersuchungen zu den lokal angewandten Antiglaukomatosa in der Schwangerschaft vor.
Betablocker: Timolol ist seit mehr als 30 Jahren zugelassen. Unerwünschte systemische, vor allem kardiopulmonale Effekte sind besonders bei prädisponierten Patientinnen zu beachten. Auswirkungen auf den Fetus, wie z.B. das Auftreten einer Bradykardie oder auch eine vorübergehende neonatale β-Rezeptorenblockade sind extrem selten. Umfangreiche Erfahrungen mit Betablockern als Antihypertensivum zeigten keine teratogenen Effekte.
Prostaglandinderivate: Da Prostaglandine den Uterustonus erhöhen und darüber eine Minderperfusion der Plazenta und Mangelversorgung des Feten verursachen können, sollten diese Antiglaukomatosa in der Schwangerschaft nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden. Allerdings sind die eingesetzten Konzentrationen sehr niedrig und die Wirkstoffe werden sehr schnell lokal metabolisiert, so dass spezifische systemische Wirkungen und damit Auswirkungen auf den Fetus unwahrscheinlich sind. Zu Latanoprost liegen bisher am meisten Erfahrungen in der Schwangerschaft vor. Hinweise auf eine teratogene Wirkung haben sich nicht ergeben.
Carboanhydrasehemmer: Spezifische systemische Wirkungen sind bei den am Auge verabreichten Präparaten (Dorzolamid, Brinzolamid) selten. Acetazolamid ist nur oral oder intravenös wirksam, hat erhebliche systemische Wirkungen und sollte bei Schwangeren und Stillenden absoluten Notfällen bzw. anderen dringlichen Indikationen vorbehalten bleiben. Es sind keine teratogenen oder entwicklungstoxischen Effekte der lokal und systemisch angewandten Carboanhydrasehemmer bekannt.
Sympathomimetika: Adrenalinderivate werden kaum noch zur Glaukomtherapie angewandt und sollten wegen der möglichen systemischen Wirkungen nicht bei Schwangeren eingesetzt werden. Alpha-2-Agonisten (vor allem Clonidin, Brimonidin) haben, auch als Augentropfen verabreicht, teilweise erhebliche systemische blutdrucksenkende Effekte und sollten deshalb in der Schwangerschaft zurückhaltend eingesetzt werden. Eine Erhöhung des Fehlbildungsrisikos ist bisher nicht beschrieben.
Timolol ist das Antiglaukomatosum der ersten Wahl für Schwangere. Lokale Carboanhydrasehemmstoffe wie Dorzolamid oder Brinzolamid können auch verschrieben werden. Sollte ein Prostaglandinderivat notwendig sein, sollte Latanoprost gewählt werden.
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