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Makrolid–Antibiotika (Februar 2020)

In einer aktuell im British Medical Journal erschienenen Studie (Fan et al.; BMJ 2020) wurden die Daten von 8.632 Mutter-Kind-Paaren ausgewertet, denen in der Schwangerschaft ein Makrolid-Antibiotikum verordnet worden war. Die meisten Frauen (7.987) hatten Erythromycin verschrieben bekommen, 494 Clarithromycin und 151 Azithromycin. Die Autoren untersuchten einen möglichen Zusammenhang zwischen der Verschreibung dieser Antibiotika und Fehlbildungen, Zerebralparese, Epilepsie, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung und Autismus-Spektrum-Störung beim Kind. Als Vergleichsgruppe dienten Frauen, denen in der Schwangerschaft ein Penicillinderivat verordnet worden war. Für die untersuchten neurologischen Entwicklungsstörungen konnten die Autoren keinerlei Risiken beobachten.

Allerdings wurde bei den Kindern der 2.170 Frauen, denen im 1. Trimenon ein Makrolid verschrieben wurde, ein erhöhtes Risiko für große Fehlbildungen (2,77% vs. 1,77%, RRadjustiert 1,55; 95% KI 1,19-2,03) und speziell für Herzfehlbildungen (1,06% vs. 0,66%; RRadjustiert 1,62, 95% KI 1,05-2,51) beobachtet. Die als erhöht gegenüber der Penicillin-Gruppe errechneten 2,77% bzw. 1,06% liegen jedoch immer noch im Bereich dessen, was als allgemeines „Hintergrundsrisiko“ für Fehlbildungen bzw. Herzfehler angegeben wird. Für genitale Fehlbildungen, v.a. Hypospadien, ermittelten die Autoren der Makrolid-Studie ein erhöhtes Risiko nach Verordnung zu irgendeinem Zeitpunkt der Schwangerschaft (0,47% vs. 0,31%, RRadjustiert 1,58; 95% KI 1,14-2,19), im für Fehlbildungen maßgeblichen 1. Trimenon konnte jedoch kein signifikantes Risiko errechnet werden.

Auch in früheren Studien wurde vereinzelt ein erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen im Zusammenhang mit Makroliden diskutiert. Dies betraf z.B. die Auswertung des schwedischen Geburtsregisters, bei der eine Assoziation von Erythromycin und kardiovaskulären Fehlbildungen errechnet wurde (RR 1,70; 95% KI 1,26-2,39) (Källén et al.; Eur J Clin Pharmacol 2013).

Demgegenüber stehen mehrere Studien, die keine Assoziation zwischen Makrolideinnahme und Fehlbildungen beobachten konnten. Besonders erwähnt sei hier die größte Studie, mit dänischen Registerdaten aus dem Jahr 2019, mit über 13.000 Frauen, denen im 1. Trimenon Makrolide verordnet worden waren. Die Autoren fanden weder ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko insgesamt noch ein erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen (Damkier et al.; Am J Obstet Gynecol 2019).

Generell müssen Ergebnisse von Beobachtungsstudien zu Arzneimittelrisiken in der Schwangerschaft aufgrund diverser Unsicherheiten bei der Auswertung von sogenannten Versorgungsdatenbanken kritisch interpretiert werden. Ehe man geringe relative Risiken (z.B. unter 2) als Hinweis für einen ursächlichen Zusammenhang interpretiert, sollte ein solches statistisch signifikantes Ergebnis durch andere Forschungsprojekte unabhängig bestätigt worden sein. Im Zusammenhang mit den Makrolid-Antibiotika lässt sich ein teratogenes Risiko nicht völlig ausschließen (dies gilt quasi für alle Medikamente). Die überwiegende Zahl an Studien mit insgesamt über 20.000 exponierten Schwangeren spricht aber gegen ein nennenswertes Fehlbildungsrisiko dieser Arzneimittelgruppe.