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Acetylsalicylsäure

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Medikament, zu dem es widersprüchliche oder noch unzureichende Studienergebnisse gibt.

Acetylsalicylsäure gehört in der Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika/Antirheumatika (NSAID) zu den nicht selektiven Hemmern der Cyclooxigenase (COX) mit einer stärkeren Hemmung der COX-1 als der COX-2. Im Gegensatz zu den übrigen NSAID hemmt es die COX jedoch irreversibel durch Acetylierung. Die Wirkungsweise ist dosisabhängig: Inhibition der Thromboxan-A2-Synthese und damit eine Thrombozyten-Aggregationshemmung bei niedrigen Dosen („Low-dose“, 30 bis maximal 300 mg/d), Hemmung der Prostaglandinsynthese bei Einzeldosen ab etwa 500 mg. Es kann oral, lokal und intravenös angewendet werden.

  • Indikation (Anwendungsgebiet)

    Als Analgetikum, Antipyretikum, z. B. bei leichten bis mäßig starken Schmerzen, Migräne. Low-dose-Therapie: zur Thrombozyten­aggregations­­hemmung, zur Prävention der Präeklampsie.

  • Produktnamen

    Aspirin® und andere

  • Synonyme

    ASS

Erfahrungen in der Schwangerschaft

Erfahrungsumfang: HOCH

1. Trimenon

Die überwiegende Anzahl der einschlägigen Untersuchungen beschäftigte sich Wirkstoff-übergreifend mit dem Risiko einer Einnahme von nicht-steroidalen Antiphlogistika/Antirheumatika (NSAID) im 1. Trimenon. Dabei zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Anwendung von NSAID im 1. Trimenon und einem allgemein erhöhten Fehlbildungsrisiko. Einzelne (Fall-Kontroll-) Studien haben allerdings ein Risiko für spezifische Fehlbildungen nach Anwendung in der Frühschwangerschaft diskutiert, z.B. kardiovaskuläre (Septum-)Defekte, wobei andere Studien dies nicht nachgewiesen haben. Ein postuliertes Fehlgeburtsrisiko Nach NSAID-Einnahme wurde durch andere Studienergebnisse nicht belegt.

Mehrere Untersuchungen fanden bei der Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) gering erhöhte Risiken für spezifische Fehlbildungen, z. B. Gastroschisis, Herz- und Nierenfehlbildungen, andere Untersuchungen zeigten dies nicht. Es konnte bei etlichen Studien nicht sicher nachvollzogen werden, ob es sich um eine Exposition von ASS in Low-dose- oder analgetischer Dosierung handelte. Zudem ist möglich, dass auch die zugrundeliegenden Erkrankungen bzw. die Behandlungsindikation einen Einfluss auf die Auswertungen haben könnten.
Eine Beobachtungsstudie basierend auf der Embryotox-Kohorte fand bei etwa 250 Schwangerschaften mit Exposition in analgetischer Dosierung kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen und Spontanaborte.
Hinweise, dass eine Einnahme von ASS am Ende des 1. Trimenons oder zu Beginn des 2. das Auftreten eines Hodenhochstands begünstige, konnten in unabhängigen Studien nicht eindeutig belegt werden. Die betreffenden Ergebnisse beruhen auf sehr kleinen Zahlen und die Methodik der Untersuchung ist kritisch zu betrachten. Zusammengefasst ist kein nennenswertes teratogenes Risiko anzunehmen.
Eine indizierte Low-dose-Behandlung kann in der gesamten Schwangerschaft durchgeführt werden. Während in entsprechenden Situationen zur Prophylaxe einer Präeklampsie eine Behandlung empfohlen wird, sind die Studienergebnisse zur Spontanabortprophylaxe nicht eindeutig. 

2.-3. Trimenon / Perinatal

NSAID können zum vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus Botalli beim Fetus und zu einer Schädigung der fetalen und neonatalen Nierenfunktion führen. Die Empfindlichkeit des Fetus steigt mit zunehmendem Gestationsalter. Dieses Risiko ist nach der 28. Schwangerschaftswoche gut dokumentiert, aber auch ab Mitte des 2. Trimenons sind Fallberichte zu vorzeitigem Ductusverschluss bzw. fetaler Nierenfunktionseinschränkung mit nachfolgendem Oligohydramnion beschrieben, insbesondere bei langfristiger NSAID-Einnahme. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Medikation wurde unterstrichen durch die Beobachtung, dass sich die Symptome bei rechtzeitigem Absetzen des NSAID wieder besserten. 
Auch für ASS in analgetischer Dosierung sind solche Berichte bekannt. Eine Low-dose-Behandlung wird dagegen gut vertragen. Unter der Geburt wurde ein erhöhter mütterlicher Blutverlust nach Einnahme von ASS beobachtet. Die Datenlage zum Risiko intrakranieller Blutungen beim Neugeborenen nach Exposition bis zur oder kurz vor der Entbindung ist dagegen widersprüchlich. Insbesondere bei Frühgeborenen kann ein erhöhtes Risiko nicht ausgeschlossen werden.

Empfehlungen zur Schwangerschaft

Planung einer Therapie oder Planung einer Schwangerschaft unter Therapie

ASS ist in der Schwangerschaft bis Woche 28 als Analgetikum und Antipyretikum nur ein Mittel der zweiten Wahl. Wie jede andere Schmerzmedikation auch, sollte es nicht unkritisch und ohne ärztlichen Rat tagelang oder über mehrere Wochen eingenommen werden. Eine langfristige Therapie mit ASS oder anderen NSAID sollte nur nach ärztlicher Absprache und strenger Indikationsstellung erfolgen. Im letzten Trimenon (ab Schwangerschaftswoche 28) dürfen ASS und andere NSAID nicht angewendet werden. Eine Low dose-Behandlung kann bei entsprechender Indikation jedoch in der ganzen Schwangerschaft durchgeführt werden.

Konsequenzen nach Anwendung in der Schwangerschaft

Bei wiederholter Einnahme in analgetischer Dosierung im letzten Schwangerschaftsdrittel (nach Schwangerschaftswoche 28) sollte der fetale Kreislauf sonographisch (Doppler-Sonographie) auf Veränderungen der Hämodynamik im Ductus arteriosus kontrolliert und ein Oligohydramnion ausgeschlossen werden. Diese Diagnostik wird auch dann empfohlen, wenn NSAID zwischen Schwangerschaftswoche 20 und 28 regelmäßig und mehrere Tage hintereinander oder sogar wochenlang angewendet wurden. Kurz vor dem Entbindungstermin am Ende des 3. Trimenons wird eine dopplersonographische Kontrolle des Ductus arteriosus bereits bei Einzeldosen empfohlen.
Eine Low-dose-Behandlung sollte vor geplanten operativen Eingriffen bzw. vor der Geburt abgesetzt werden, wenn dies nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung möglich ist.

Besser geeignete Alternativen

Als Analgetikum, Antipyretikum: IbuprofenDiclofenac (im 1. und 2. Trimenon); Paracetamol in der gesamten Schwangerschaft.

Stillzeit

Es liegen Daten zu fast 30 Mutter-Kind-Paaren vor, die die Einnahme von Acetylsalicysäure (ASS) bei unterschiedlichen mütterlichen Indikationen überwiegend in analgetischer Dosierung beschreiben. Nicht bei allen Berichten wurden Salicylat-Spiegel sowohl im Serum von Mutter und Kind als auch in der Muttermilch untersucht, auch waren teilweise weitere Informationen nicht vollständig, z. B. genaue Stillmenge oder Alter des Säuglings. Wegen der schnellen Metabolisierung von ASS zu Salicylsäure wurden in den meisten Untersuchungen die Salicylate gemessen.

Pharmakokinetik

Plasma-HWZ: 15 min (schnelle Metabolisierung zu Salicylaten), Metabolite (Gesamtsalicylate): dosisabhängig 3 – 20 h, toxische Dosen länger; Proteinbindung: 80 – 90%; molare Masse: 180 g/mol; relative Dosis: dosisabhängig bis ca. 10%, bei Low-dose-Therapie < 1%; M/P-Quotient: 0,1; orale Bioverfügbarkeit: 80 – 100%. 
Die höchsten Spiegel in der Muttermilch wurden etwa zwei bis sechs Stunden nach Einnahme analgetischer Dosierungen erreicht, bei mütterlicher Dauertherapie wurden vereinzelt therapeutische Konzentrationen beim gestillten Kind nachgewiesen. Bei einem 16 Tage alten Kind mit respiratorischer Azidose, dessen Mutter fast 4 g/d einnahm, wurde eine toxische Salicylat-Konzentration von 240 mg/l im Plasma festgestellt. Messungen in der Muttermilch oder dem mütterlichen Serum wurden hier nicht durchgeführt. 
Bei sieben Frauen, die eine Low-dose-Therapie mit ASS 81 – 325 mg/d erhielten, war es in der Muttermilch nicht nachweisbar, Salicylate nur in sehr geringen Konzentrationen.

Klinik

Die meisten Kinder waren unauffällig. Ein 16 Tage alter Säugling, dessen Mutter täglich fast 4 g ASS erhielt, entwickelte eine behandlungspflichtige respiratorische Azidose mit einer toxischen Salicylatkonzentration von 240 mg/l im Plasma. Ein fünf Monate altes Kind entwickelte eine Thrombozytopenie, Fieber und Petechien, nachdem die Mutter ASS wegen eines fieberhaften Infektes eingenommen hatte. Eine Woche nach Besserung der Symptome erhielt das Kind selbst eine Dosis von 125 mg ASS und die Thrombozytenzahl fiel erneut ab. Weitere Gerinnungsstörungen oder ein Reye-Syndrom unter analgetischer Dosierung via Muttermilch wurden bisher nicht berichtet.

Empfehlung

Die gelegentliche Einnahme von ASS als Schmerzmittel erscheint vertretbar, insbesondere beim Früh- oder Neugeborenen ist jedoch Vorsicht geboten. Eine mehrtägige oder Dauertherapie ist zu vermeiden, Paracetamol und Ibuprofen sind als Schmerzmittel zu bevorzugen. Die Low-dose-Therapie und die äußerliche Anwendung von Salicylaten sind in der Stillzeit akzeptabel, auf kindliche Nebenwirkungen wie Petechien oder Hämatome sollte geachtet werden.


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