Gefördert durch

Nifedipin

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Medikament, zu dem es widersprüchliche oder noch unzureichende Studienergebnisse gibt.

Nifedipin ist ein klassischer Calciumantagonist und gehört zur Gruppe der Dihydropyridine. Calciumantagonisten (oder Calciumkanalblocker) binden an die Calciumkanäle (vom L-Typ) und blockieren den spannungsabhängigen Einstrom von Calcium in die Herzmuskelzellen und glatten Gefäßmuskelzellen. Nifedipin ist plazentagängig.

  • Indikation (Anwendungsgebiet)

    Essentielle Hypertonie, chronisch stabile Angina pectoris, Raynaud-Syndrom.

Erfahrungen in der Schwangerschaft

Erfahrungsumfang: MITTEL

1. Trimenon

Aufgrund theoretischer Überlegungen und tierexperimenteller Daten wurde wegen der Calciumabhängigkeit vieler embryonaler Entwicklungsprozesse ein mögliches teratogenes Risiko der Calciumantagonisten diskutiert. Die vorliegenden Daten beim Menschen ermittelten bisher weder nach Anwendung von Nifedipin noch von Calciumantagonisten ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko. Zu Calciumantagonisten insgesamt liegen Erfahrungen zu fast 1000 Schwangerschaften aus fünf Kohortenstudien vor, davon in etwa 200 zu Nifedipin. Auch eine Fall-Kontrollstudie von 2001 fand keine erhöhte Prävalenz von Fehlbildungen nach Exposition mit Calciumantagonisten oder Nifedipin.

Eine amerikanische, qualitativ hochwertige Studie verglich das Fehlbildungsrisiko bei drei Gruppen von Kindern: ihre Mütter litten entweder an chronischem Bluthochdruck, der im 1. Trimenon nicht medikamentös behandelt (n=11.482) oder der mit Antihypertensiva therapiert wurde (n=8.307) – darunter auch Calciumantagonisten inklusive Nifedipin – oder ihre Mütter waren normotensiv (n=858.337). Das Fehlbildungsrisiko war bei Kindern von hypertensiven Müttern leicht erhöht, unabhängig davon, ob sie therapiert worden waren oder nicht.

2.-3. Trimenon / Perinatal

Die Erfahrungen zu Nifedipin nach dem 1. Trimenon sind sehr zahlreich. Vergleichende Studien untersuchten die Wirksamkeit bei arterieller Hypertonie, die Häufigkeit des Auftretens von Präeklampsie, Frühgeburtlichkeit und Small for Gestational Age sowie die Häufigkeit von mütterlichen Nebenwirkungen. Nifedipin zeigt ein gutes Wirkungsprofil und wenig Nebenwirkungen. Folgendes ist zu bedenken: Ein vorbestehender Bluthochdruck, insbesondere wenn dieser Ende des 1. Trimenons schlecht eingestellt ist, spielt eine wichtige Rolle bei der Häufigkeit des Auftretens der Endpunkte Präeklampsie, Small for Gestational Age, Frühgeburtlichkeit und Entwicklung einer schweren Hypertonie.

In einer Studie von 2015 mit 22.908 exponierten Schwangeren wurde untersucht, ob eine mütterliche Therapie mit Calciumantagonisten im letzten Schwangerschaftsmonat vermehrt zu neonatalen Krampfanfällen führt, da dies 2011 in einer Studie mit 721 exponierten Kindern ermittelt worden war. Die neuere Untersuchung fand kein erhöhtes Risiko. Hier waren auch 21.449 Kinder eingeschlossen, deren Mütter im letzten Monat vor der Entbindung Nifedipin erhalten hatten.

Nifedipin ist ein effektives Tokolytikum mit umfangreicher Erfahrung. Es hat im Vergleich zu Betamimetika weniger mütterliche Nebenwirkungen. Siehe auch die AWMF-Leitlinie „Prävention und Therapie der Frühgeburt“ vom Oktober 2022.

Langzeitfolgen beim Kind nach Nifedipin-Exposition in utero wurden bisher nicht beobachtet. In drei verschiedenen Studien wurde Nifedipin entweder mit einer nicht-medikamentösen Therapie, mit Ritodrin oder mit Atosiban verglichen.

Empfehlungen zur Schwangerschaft

Planung einer Therapie oder Planung einer Schwangerschaft unter Therapie

Nifedipin kann in der gesamten Schwangerschaft zur Blutdrucksenkung eingesetzt werden, auch wenn es aufgrund des nur mittleren Erfahrungsumfangs im 1. Trimenon als Antihypertensivum der zweiten Wahl gilt. Als Tokolytikum zeigte es überwiegend eine gute Verträglichkeit, allerdings sollte es nicht zusammen mit i.v.-Magnesium verabreicht werden! 

Konsequenzen nach Anwendung in der Schwangerschaft

Keine bei guter Verträglichkeit durch die Schwangere.

Besser geeignete Alternativen

Zur Behandlung der Hypertonie zunächst Mittel der ersten Wahl wie Alpha-Methyldopa oder Metoprolol in Erwägung ziehen, wobei auch die Wirksamkeit mit bedacht werden sollte.

Stillzeit

Die Erfahrungen beruhen auf mehr als 50 Mutter-Kind-Paaren. In einigen Publikationen standen Konzentrationsbestimmungen in der Muttermilch im Vordergrund, in anderen ging es mehr um die Wirksamkeit und mütterliche Nebenwirkungen bei stillenden Frauen mit Raynaud-Phänomen der Brustwarze.

Pharmakokinetik

HWZ: ca. 2 h (nicht retardiert); Proteinbindung: 92 – 98%; molare Masse: 346 g/mol; relative Dosis: 2,3 – 3,4%; M/P-Quotient: 1; orale Bioverfügbarkeit: 45 – 68% bei fast kompletter Resorption aus dem Gastrointestinaltrakt. Abhängig von der mütterlichen Dosis (3 x 10 mg bzw. 3 x 30 mg) wurde errechnet, dass bei einer Milchmenge von 150 ml/kg/Tag ein vollgestillter Säugling zwischen 1,5 µg/kg/Tag und 7,5  µg/kg/Tag erhält. Das entspricht 0,0075 mg/kg/Tag. Dieser Wert liegt deutlich unterhalb einer oralen therapeutischen Erhaltungsdosis von 0,25 – 0,5 mg/kg/Tag in 1 – 4 Dosen für Kinder ab dem ersten Lebensmonat.

Klinik

Unter Nifedipin kann uneingeschränkt gestillt werden. Dies gilt auch, wenn eine genetische Variante des Brustkrebs-Resistenzproteins vorliegt, das den Übergang von Nifedipin in die Muttermilch erhöht. Nifedipin wird zur Therapie des Raynaud-Phänomens der Brustwarzen mit gutem Erfolg und Verträglichkeit für das Kind eingesetzt.

Empfehlung

Nifedipin gehört zu den Calciumantagonisten der Wahl in der Stillzeit.


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