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Lorazepam

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Medikament, zu dem es widersprüchliche oder noch unzureichende Studienergebnisse gibt.

Lorazepam ist ein Benzodiazepin, das v.a. anxiolytisch wirkt. Benzodiazepine wirken über eine Verstärkung der GABAergen Hemmung im Gehirn. Lorazepam ist plazentagängig. Die Eliminationshalbwertzeit in den ersten Tagen eines Neugeborenen kann das Zwei- bis Vierfache der maternalen Halbwertzeit betragen.

Aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials, das sich bereits nach wenigen Wochen und auch im therapeutischen Dosisbereich entwickeln kann, sollte Lorazepam nur kurzfristig eingesetzt werden.

  • Indikation (Anwendungsgebiet)

    Symptomatische Kurzzeitbehandlung von Angst-, Spannungs-, und Erregungszuständen sowie dadurch bedingte Schlafstörungen.

    Sedierung vor diagnostischen und vor/ nach chirurgischen Eingriffen.

  • Produktnamen

    Tavor®, Tolid® und Generika

Erfahrungen in der Schwangerschaft

Erfahrungsumfang: MITTEL

1. Trimenon

Eine Studie mit mehr als 100 ausgewerteten Schwangerschaften konnte kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachweisen. Ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Analatresien und Lorazepam-Exposition im 1. Trimenon, der in einer retrospektiven Auswertung beobachtet wurde, wurde bisher nicht bestätigt.

Benzodiazepine als Gruppe sind gut untersucht, wobei die meisten Erfahrungen zu Diazepam vorliegen. In frühen Studien wurde ein Zusammenhang zwischen Diazepam-Exposition im 1. Trimenon und gehäuftem Auftreten von sowohl Lippen-/ Gaumenspalten als auch komplexen anderen Fehlbildungen diskutiert. Nachfolgende Studien mit mehreren 1000 exponierten Schwangerschaften bestätigten einen solchen Zusammenhang nicht.

2.-3. Trimenon / Perinatal

Bei regelmäßiger Lorazepam-Einnahme im letzten Trimenon oder hohen Dosen kurz vor oder während der Geburt muss mit teilweise schwerwiegenden Symptomen beim Neugeborenen gerechnet werden. Diese reichen von Anpassungsstörungen mit Sedierung, Hypotonie, Trinkschwäche und Zyanose über postpartale Atemdepression bis hin zum teilweise wochenlang anhaltenden „Floppy- Infant- Syndrom“ mit Muskelhypotonie, Lethargie, und Temperaturregulationsstörungen. Des Weiteren können beim Neugeborenen Benzodiazepin-Entzugszeichen wie zum Beispiel Krampfanfälle auftreten. Benzodiazepine werden vom Neugeborenen wesentlich langsamer metabolisiert und eliminiert als von Erwachsenen.

Benzodiazepinabhängigkeit: Schätzungen zufolge sind in Deutschland 1,8- 2 Millionen Menschen medikamentenabhängig. Wegen ihres hohen Abhängigkeitspotenzials u.a. aufgrund der raschen Toleranzentwicklung spielen v.a. Benzodiazepine eine große Rolle. Bei Frauen ist die Anwendung deutlich weiter verbreitet. Die Prävalenz der Anwendung von Benzodiazepinen bei Frauen im gebärfähigen Alter liegt bei bis zu 1,5%.

Zum Benzodiazepin-Entzug in der Schwangerschaft gibt es nur sehr wenige Daten. Aufgrund möglicher schwerer Entzugskomplikationen wie Krampfanfällen und Delirien muss auf ein abruptes Absetzen in jedem Fall verzichtet werden. Über eine mögliche Reduktion der Dosis sollte individuell entschieden werden. Ein längerdauernder starker vegetativer Entzug mit Angst- und Unruhegefühlen sowie Schlafstörungen sollte vermieden werden.

Empfehlungen zur Schwangerschaft

Planung einer Therapie oder Planung einer Schwangerschaft unter Therapie

Je nach zugrundeliegender psychiatrischer Indikation wie Angst, Unruhe und Schlafstörungen sollten besser geeignete Psychopharmaka zum Einsatz kommen. V.a. die langfristige Anwendung im 3. Trimenon oder die Gabe von hohen Dosen kurz vor oder während der Geburt sollten wegen neonataler Komplikationen kritisch überprüft werden.

Konsequenzen nach Anwendung in der Schwangerschaft

Nach Therapie im 1. Trimenon sollte eine sonographische Feindiagnostik zur Bestätigung der normalen fetalen Entwicklung empfohlen werden. Die Schwangerschaft sollte sorgfältig gynäkologisch überwacht und engmaschig psychiatrisch begleitet werden, um Krisen bei der Mutter und fetalen Entwicklungskomplikationen rechtzeitig begegnen zu können. Aufgrund der oben beschriebenen, häufig schwerwiegenden, Adaptationsstörungen beim Neugeborenen sollte die Entbindung in einer Klinik mit Neonatologie erfolgen.

Besser geeignete Alternativen

Sedierung vor chirurgischen oder diagnostischen Eingriffen/ postoperative Medikation: keine.

Angst- und spannungslösende Akutbehandlung: Promethazin.

Bei psychotischen Erkrankungen: Quetiapin.

Bei Schlafstörungen: Amitriptylin.

Stillzeit

Es liegen publizierte Erfahrungen zu mehr als 100 Mutter-Kind-Paaren vor.

Pharmakokinetik

HWZ: 12 – 16 h beim Erwachsenen, kann beim Neugeborenen um das Zwei- bis Vierfache erhöht sein; Proteinbindung: 80 – 93%; molare Masse: 320 g/mol; relative Dosis: 2,6 – 2,9%; M/P-Quotient: 0,15 – 0,26; orale Bioverfügbarkeit: 90%.

Klinik

Die meisten unter Lorazepam gestillten Kinder waren unauffällig. In einer Studie mit insgesamt 124 gestillten Kindern, deren Mütter Benzodiazepine nahmen (n=64 Lorazepam) wird von zwei Säuglingen mit Sedierung berichtet. Diese Mütter nahmen jedoch zusätzlich andere zentral aktive Substanzen (Bupropion, Risperidon, Sertralin, Zopiclon) ein.

Empfehlung

Nach Einzeldosen Lorazepam zur Akutbehandlung muss keine Stillpause eingehalten werden. Bei Langzeitbehandlung ist Stillen unter Monotherapie und niedriger Dosierung akzeptabel.


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